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Startups: Spielregeln und Tipps im Umgang mit erforderlichem Personalabbau

Startups: Spielregeln und Tipps im Umgang mit erforderlichem Personalabbau

Normalerweise verbindet man Startups und schnell wachsende junge Unternehmen (auch Scale-ups genannt) mit dem Aufbau von Personal und Recruiting-Themen. Fragen des Abbaus von Personal bzw. der Optimierung des Personalbestands spielen eher eine untergeordnete Rolle und passen grundsätzlich auch nicht zur Storyline eines aufstrebenden Startups. Nichtsdestotrotz zeigt die Gegenwart, dass gerade in den aktuell wirtschaftlich äußerst herausfordernden Zeiten auch Personalabbaumaßnahmen aus Kosten- und Effizienzgesichtspunkten eine zunehmende Rolle bei jungen Unternehmen spielen. Insbesondere namhafte Startups mussten zuletzt größere Personalabbaumaßnahmen durchführen. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über Spielregeln und Tipps für eine erfolgreiche Optimierung des Personalbestands in Startups geben.

Konzept für den Personalabbau

Am Anfang jedes erfolgreich durchgeführten Personalabbaus stehen die Planung und Erstellung eines unternehmerischen Personalabbaukonzepts. Dazu gehört insbesondere die Erstellung einer zukünftigen personellen Zielstruktur je Abteilung und Bereich und die Frage, mit welchem geeigneten Team und MitarbeiterInnen man zukünftig weiterarbeiten möchte. Neben dem Timing geht es vor allem auch darum, wie man die personelle Zielstruktur erreicht und welche Instrumente für die Optimierung des Personalbestands in Betracht kommen. Zu nennen sind hier vor allem die beiden klassischen Instrumente des Freiwilligenprogramms und der betriebsbedingten Kündigungen. Die weiteren gängigen Instrumente zur Optimierung des Personalbestands wie Vorruhestandsvereinbarungen, Langzeitkonten, Sabbatical und Arbeitszeit-Flexibilisierungselemente spielen aufgrund der eher jüngeren Altersstruktur in Startups eine nur untergeordnete Rolle.

Die richtige Kommunikation

Neben dem Konzept zur Optimierung des Personalbestands ist auch die richtige Kommunikation ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Personalabbaumaßnahme. Ein arbeitsrechtlicher Ablauf- und Kommunikationsfahrplan ist hierbei in der Regel sehr hilfreich. Bei der internen Kommunikation geht es vor allem darum, wie ich die MitarbeiterInnen und – sofern vorhanden – den Betriebsrat und ggf. die Gewerkschaft informiere bzw. in den Prozess einbinde. Neben dem richtigen Timing sind die Storyline und eine nachvollziehbare und stringente Darstellung der geplanten Personalabbaumaßnahmen von großer Bedeutung. Dazu gilt es im Rahmen der externen Kommunikation darauf zu achten, dass man die maßgeblichen Stakeholder informiert und ggf. auch eine gut abgestimmte Pressemitteilung herausgibt.

Beteiligung Betriebsrat bzw. Gewerkschaft

Sofern im Unternehmen vertreten, müssen der Betriebsrat und ggf. auch die Gewerkschaft beteiligt werden. Größere geplante Personalabbaumaßnahmen lösen – je nach Erreichen bestimmter Schwellenwerte im Rahmen einer Maßnahme nach § 17 KSchG – zwingende Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats aus und es muss neben einer umfangreichen Konsultation ein Interessenausgleich (beschreibt die Personalmaßnahmen) und ein Sozialplan (regelt die finanzielle Kompensation für die MitarbeiterInnen) mit dem Betriebsrat verhandelt werden. Insofern muss der Betriebsrat rechtzeitig eingebunden werden und darf nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. D.h. der Betriebsrat muss zumindest noch die Möglichkeit haben, auf die geplante Maßnahme Einfluss nehmen zu können. Auch wenn der Betriebsrat den Personalabbau letztendlich nicht verhindern kann, so hat er die Möglichkeit, ein finanzielles Exit-Paket für seine MitarbeiterInnen im Rahmen eines Sozialplans zu verhandeln, der notfalls auch durch die Einigungsstelle erzwungen werden kann. Lediglich für Unternehmen innerhalb der ersten vier Jahre nach ihrer Gründung gibt eine Ausnahme und es besteht im Ergebnis keine Sozialplanpflicht. Insgesamt spielen Timing, Verhandlungsstrategie, das richtige Verhandlungsteam und auch die Kommunikation eine entscheidende Rolle für erfolgreiche Verhandlungen. Dazu gilt es – sofern im Unternehmen vertreten – auch die Rolle der Gewerkschaft in die Verhandlungsstrategie einzubetten. So wird die Gewerkschaft entweder unterstützend dem Betriebsrat zur Seite stehen oder sogar eigene Tarifvertragsverhandlungen fordern und es sind Streikandrohungen und Druckmittel der Gewerkschaft mit einzukalkulieren. 

Initiierung Betriebsratswahl während Planungsphase 

Sofern kein Betriebsrat existiert, entfällt die Interessenausgleich- und Sozialplanpflicht und die Maßnahme kann in der Regel schneller und einfacher umgesetzt werden. Jedoch gilt es – und dies ist insbesondere beim Timing und der internen Kommunikation (Verkündung der geplanten Maßnahmen) zu berücksichtigen – auf etwaige Initiatoren von Betriebsratswahlen entsprechend vorbereitet zu sein. Neben der Folge, dass die Initiatoren (und auch Wahlvorstände und Wahlbewerber) von Betriebsratswahlen einen Sonderkündigungsschutz erwerben und nicht mehr ordentlich gekündigt werden können, kann die Konstituierung eines Betriebsrats im Zuge der Personalabbaumaßnahme unter bestimmten Voraussetzungen auch noch („nachträglich“) Mitbestimmungsrechte auslösen. Maßgeblich ist hier der Zeitpunkt der Konstituierung. Die höchstrichterliche Rechtsprechung verneint grundsätzlich die Begründung von Mitbestimmungsrechten, wenn ein Betriebsrat bis zum Abschluss der unternehmerischen Planungsphase noch nicht konstituiert ist. Einzelne Instanzgerichte stellen auf einen späteren Zeitpunkt ab und bejahen Mitbestimmungsrechte, solange die Maßnahme (= Ausspruch der Kündigungen) noch nicht umgesetzt worden ist. Insofern kann sowohl das Timing der Verkündigung als auch die Dokumentation der unternehmerischen Entscheidung in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Einzelne Unternehmen behelfen sich zur Risikominimierung auch entsprechender „Vorratsbeschlüsse“. 

Betriebsbedingte Kündigungen vs. Freiwilligenprogramm

Klassisches Instrument eines erforderlichen Personalabbaus ist die betriebsbedingte Kündigung. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Personalabbau kann einseitig umgesetzt werden (im Vergleich zum Aufhebungsvertrag ist keine Zustimmung der MitarbeiterInnen erforderlich) und es besteht – sofern kein Sozialplan existiert oder auch sonst nicht arbeitsvertraglichen vorgeschrieben – keine Pflicht zur Abfindungszahlung. Die Nachteile sind im Klagerisiko (Kündigungsschutzklage) und dem Risiko, das die Kündigung einer gerichtlichen Kontrolle nicht standhält (bspw., weil kein wirksamer Kündigungsgrund vorliegt oder keine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt wurde) zu sehen.  

Alternativ zum Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen kann ein Freiwilligenprogramm durch den systematischen Abschluss von Aufhebungsverträgen zu einheitlichen Konditionen ein attraktives und effektives Instrument für einen erforderlichen Personalabbau sein. Neben einem rechtlich sicheren Weg (kein Klagerisiko) ist insbesondere ein passgenauer Personalabbau und der Aufbau einer Wunschbelegschaft möglich (durch gezielte Ansprache von MitarbeiterInnen). Es bedarf keiner Sozialauswahl und damit können bestimmte MitarbeiterInnen und Qualifikationen im Unternehmen gehalten werden. Ferner wird durch ein Freiwilligenprogramm die Akzeptanz in der Belegschaft erhöht und ein „sozialverträglicher“ Personalabbau ist möglich, wodurch negative Presse bzw. ein Reputationsverlust vermieden werden kann. Natürlich ist ein auf die personelle Zielstruktur aufbauendes maßgeschneidertes Konzept für die Ausgestaltung des Freiwilligenprogramms erforderlich. Zur Vermeidung des Abschlusses „ungewollter“ Aufhebungsverträge bedarf es eines selektiven Angebotsverfahrens (Beschränkung des Teilnehmerkreises auf bestimmte Bereiche, Positionen oder Mitarbeitergruppen) sowie dem Vorbehalt der sog. doppelten Freiwilligkeit (d.h. das Unternehmen behält sich vor, ob und wenn ja, mit welchen MitarbeiterInnen ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen wird). Da in der Regel der Abschluss von Aufhebungsverträgen nur bei Anbieten eines finanziellen Exit-Pakets erreichbar ist, sind auch die Konditionen (bspw. Abfindung, Turboprämien bzw. Sprinterklauseln, Outplacement) des Freiwilligenprogramms vorab im Detail zu definieren. Dazu sollte die Kommunikation (Vermittlung der Vorteile des Freiwilligenprogramms) und die Umsetzung eines Freiwilligenprogramms (z.B. Einrichtung eines Change Office, wo sich MitarbeiterInnen das finanzielle Paket ausrechnen lassen können) gut vorbereitet sein, damit die personelle Zielstruktur damit erreicht werden kann. 

Massenentlassungsanzeige

Beim Personalabbau oberhalb bestimmter Schwellenwerte muss auch vor Umsetzung der Entlassungen immer an die Erstattung einer Massenentlassungsanzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit gedacht werden. Bei der Erstellung sollte sorgfältig gearbeitet und keine Kosten und Mühen gescheut werden, da bereits ein kleiner Fehler in der Anzeige zur Unwirksamkeit sämtlicher Kündigungen führen kann. 

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